Page 16 - Mitgliedermagazin 4-2021
P. 16

 16 service
Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Wichtige Entscheidungen rechtzeitig treffen
    Mit einem Wimpernschlag kann sich das bisherige Leben auf den Kopf stellen: Durch einen Unfall, eine Krankheit oder an- dere Lebensumstände kann es passieren, dass die Abläufe des eigenen Alltags aus den gewohnten Fugen geraten. Für den Fall, dass man in einem solchen Szenario nicht mehr selbst in der Lage ist, eigene Entscheidungen zu treffen, muss man sich rechtzeitig Gedanken darüber machen, wem man in diesem Fall die Verantwortung für sein Leben überträgt und welche medizinischen Behandlungen (nicht) getätigt werden sollen. Mit der Vorsorgevollmacht, der Betreuungs- und Patienten- verfügung hat der Gesetzgeber Möglichkeiten geschaffen, für derart schwierige Situationen vorzusorgen. Gerne geben wir Ihnen hierzu wichtige Informationen und möchten Sie ermuti- gen, Ihre Entscheidungen rechtzeitig zu treffen.
Die Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie eine andere Person befähigen, stellvertretend für Sie selbst Entscheidungen zu treffen. Dabei können Sie entscheiden, ob Sie
a) die Vollmacht über sämtliche Lebensbereiche oder ausge- wählte Teile (z.B. Bankgeschäfte) aussprechen und
b) die ausgesprochene Vollmacht z.B. erst dann in Kraft treten lassen, wenn Ihr Gesundheitszustand es nicht mehr zulässt, dass Sie die jeweiligen Entscheidungen selbst treffen.
Da mit einer Vorsorgevollmacht sehr weitreichende Entschei- dungen getroffen werden können, sollten Sie nur eine Person auswählen, der Sie uneingeschränkt vertrauen. Bestimmen Sie hingegen keinen Bevollmächtigten, kann es schlimmstenfalls dazu kommen, dass ein Betreuungsgericht eine Person zu Ih- rer gesetzlichen Betreuerin bzw. Ihrem gesetzlichen Betreuer ernennt, von der Sie nicht vollends überzeugt sind, dass sie in Ihrem Sinne handeln könnte. Daher ist es ratsam, sich früh- zeitig Gedanken um eine geeignete Person für diese verant- wortungsvolle Aufgabe zu machen und diese getroffene Ent- scheidung regelmäßig dahingehend zu prüfen, ob man diese Aufgabe im Fall der Fälle der bzw. dem Auserwählten nach wie vor anvertrauen möchte.
Die Betreuungsverfügung
Die Betreuungsverfügung kann als ‚abgeschwächte Vorsorge- vollmacht‘ beschrieben werden. Darin schlagen Sie dem Be- treuungsgericht eine Ihrer Meinung nach geeignete Person
vor, die dann stellvertretend Ihre Entscheidungen trifft, wenn Ihr Gesundheitszustand dies nachweislich nicht mehr zulässt. Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht ist die Betreuungsver- fügung aber rechtlich nicht bindend, d.h., dass das Gericht Ihrem Wunsch nicht entsprechen muss. Dies kann beispiels- weise dann der Fall sein, wenn das Gericht der Meinung ist, die von Ihnen ausgewählte Person könnte nicht vollends zu Ihrem Gunsten handeln. In solchen Fällen bestimmt es eine an- dere Person zu Ihrem rechtlichen Vormund. Liegt eine Vorsor- gevollmacht vor, kann ein bereits eingesetzter Betreuer unter Umständen wieder abgesetzt werden.
Die Patientenverfügung
In einer Patientenverfügung können Sie Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten Anweisungen geben, welche medizini- schen Behandlungen Sie in kritischen Situationen wünschen – und welche ausdrücklich nicht (z.B. lebenserhaltende Maßnah- men bei diagnostiziertem Hirntod, künstliche Ernährung etc.). Geraten Sie in eine derartige Situation und liegt keine Patien- tenverfügung vor, müssen diese weitreichenden Entscheidun- gen von Dritten getroffen werden – beispielsweise von einer rechtlichen Betreuerin bzw. einem rechtlichen Betreuer. Wie bei der Vorsorgevollmacht sind die Inhalte einer Patientenver- fügung rechtlich bindend und können von Außenstehenden nicht revidiert werden.
Dokumente notariell beurkunden lassen
Um den zuvor genannten Dokumenten rechtliche Wirksam- keit und die damit verbundene Echtheit zu verleihen, sollten Sie Vollmachten und Betreuungs- bzw. Patientenverfügung notariell beurkunden lassen. Darüber hinaus sollte ärztlich attestiert werden, dass zum Zeitpunkt der Erstellung keine gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen, die eine späte- re juristische Anfechtung ermöglichen würden. Da es sich bei behandelnden Ärztinnen und Ärzten in vielen Fällen um Ver- trauenspersonen handelt, kann ihre jeweilige Erfahrung wert- volle Unterstützung bedeuten. Aufgrund der Komplexität der geschilderten Sachverhalte und der Tragweite der Entschei- dungen sind qualifizierte, individuelle Beratungen und Unter- stützung von Fachleuten unerlässlich.
Beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) finden Sie eine Reihe von Broschüren, Musterformula- ren und Formulierungshilfen, die den Einstieg in das Thema erleichtern können: www.bmjv.de
  

















































































   14   15   16   17   18